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rtikel 8 der Menschenrechte und damit der Anspruch auf Rechtsschutz gehört mit Sicherheit nicht zu den spektakulärsten Menschenrechten wie etwa das Verbot der Sklaverei  oder der Folter. Das macht dieses Menschenrecht jedoch nicht weniger wichtig, wie sich tagtäglich zeigt.

Menschenrecht Nr. 8: das sagt es aus

Der Originaltext des Menschenrechts Nr. 8 lautet:

„Jeder hat Anspruch auf einen wirksamen Rechtsbehelf bei den zuständigen innerstaatlichen Gerichten gegen Handlungen, durch die seine ihm nach der Verfassung oder nach dem Gesetz zustehenden Grundrechte verletzt werden.“

Hierbei wird demnach explizit auf die Grundrechte eingegangen. Darüber hinaus leitet sich von diesem Artikel „das Recht auf Berufung ab“. Wenn du der Meinung bist, ein Urteil sei nicht gerecht gefällt worden oder dass es dazu neue Fakten gibt, kannst du eine Wiederaufnahme des Verfahrens (Menschenrechte - Vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich) oder eine Berufung einleiten.

Artikel 8 in seiner Anwendung: aktuell ein großes Thema

Rund um die Welt ist Menschenrecht Nr. 8 von größter Bedeutung und findet häufiger Anwendung, als wir es bemerken. Besonders deutlich rückt es im Zuge des Coronavirus und den damit einhergehenden Einschränkungen in den Fokus. Die Politik griff und greift in vielen Ländern massiv in die Grundrechte ein. Ihr Argument: „Die Ausbreitung des gefährlichen Virus gilt es einzudämmen.“

In Deutschland ließen sich mit diesem Argument einige Grundrechte einschränken, während bei anderen das Verfassungsgericht eine unverhältnismäßige Einschränkung verurteilte. Schauen wir uns jetzt im Detail einige Grundrechte und die Einschränkungen hierzu aufgrund von Covid-19 an. Das verdeutlicht das Menschenrecht Nr. 8 und seine Wichtigkeit für die Bevölkerung.

Eingriff in die Grundrechte

Noch nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik kam es zu so großen, massiven Eingriffen in die Grundrechte wie im Rahmen der Coronapolitik. All dies ging mit hitzigen Debatten, Demonstrationen und Klagen sowie Anträgen einher. Exakt diese Klagen und Anträge, die an das Verfassungsgericht gerichtet waren, bezogen sich unter anderem auf das Menschenrecht Nr. 8.

Allerdings zeigte sich hier auch sehr genau, wo das Menschenrecht seine Grenzen hat bzw. wo es sich durchsetzen ließ.

Kritiker sahen und sehen die allgemeine Handlungsfreiheit als Grundrecht durch die Kontaktbeschränkungen und die Maskenpflicht verletzt. Veranstaltungsverbote und Restaurantschließungen stellen einen Eingriff in die Berufsfreiheit dar. Reisebeschränkungen verstoßen gegen das Recht auf freie Bewegung. Dass durch Corona Grundrechte verletzt wurden, ist damit unbestreitbar. Somit wäre das Menschenrecht Nr. 8 anwendbar, was zahlreiche Juristen und Zivilpersonen nutzten.

Doch es gibt eine kleine, aber bedeutende Lücke: Nicht jeder Eingriff ins Grundrecht des Einzelnen ist tatsächlich verfassungswidrig. Juristen rechtfertigen die Zulässigkeit, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt werden:

  • Jeglicher Eingriff ins Grundrecht muss einem legitimen Zweck dienlich sein.
  • Durch den Eingriff muss es möglich sein, diesen Zweck zu erreichen.
  • Die Maßnahme muss so mild wie möglich sein, um zum Ziel zu führen.
  • Die Maßnahme muss verhältnismäßig sein.

All diese Voraussetzungen lassen einen gewissen Handlungs- und Interpretationsspielraum, weswegen ein Gang vor Gericht zur Klärung unerlässlich ist.

Dort wird letztlich Recht gesprochen – ob es im Sinne der Gerechtigkeit ist, mag erneut streitbar sein.

Aufgrund von Artikel 8 der Menschenrechte ist es jedem Bürger möglich, gegen die Coronaeinschränkungen wegen Verletzung der Grundrechte zu klagen. Das führte in den letzten Monaten zu zahlreichen Klagen und Eilanträgen, wie sie oft in der Presse zitiert wurden.

Gesundheitsschutz über alles?

Die Politik rechtfertigt die Coronamaßnahmen mit dem Gesundheitsschutz. Grundsätzlich ist dies ein legitimer Zweck, denn wie Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der Autobahn dienen auch sie dem Schutz der Gesundheit des Einzelnen. Der Staat steht nämlich in der Pflicht, erhebliche Gesundheitsgefahren zu begrenzen. Die Streitfrage lautet daher nicht, ob der Staat ein Grundrecht unter berechtigten Gründen einschränken darf, sondern ob der Eingriff erforderlich bzw. die Maßnahme zielführend ist.

Die Verfassungsgerichte stehen damit vor der entscheidenden Frage, ob ein Eingriff notwendig ist und ob das Mittel dafür geeignet ist. Es geht um die Verhältnismäßigkeit.

Um dieser wichtigen Frage nachzugehen, nehmen die Gerichte zumeist eine Gesamtabwägung vor. Ist das staatliche Handeln rechtmäßig oder rechtswidrig?

Corona: Innerstaatliche Gerichte sprechen Grenzentscheidungen

Für innerstaatliche Gerichte ist es eine schwere und bedeutsame Aufgabe über die Einschränkung der Grundrechte durch den Staat zu urteilen.

Zwar kann ein deutscher Bundesbürger auf Artikel 8 der Menschenrechte bestehen, was aber nicht heißt, dass seiner Klage in jedem Fall stattgegeben wird.

Schauen wir uns hierfür Urteile aus der Vergangenheit an:

  1. Das Gericht bestätigte die Maskenpflicht für den Supermarkteinkauf und die Fahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Dies wäre in der Regel eine zumutbare Einschränkung. Eine Maskenpflicht sei nach den obersten Verwaltungsgerichten in Bayern und Schleswig-Holstein auch im Unterricht vertretbar. Ausnahmeregelungen seien aber denkbar.
  2. Die Politik sprach ein Verbot für religiöse Veranstaltungen im größeren Umfang aus. Das Bundesverfassungsgericht beschäftigte sich damit sehr kritisch, denn der Gegenwind war immens. Ende April 2020 sprachen sich die Gesetzesvertreter dafür aus, bei religiösen Veranstaltungen genau hinzuschauen. Generell dürften sie nämlich nicht verboten werden. In Einzelfällen seien Ausnahmeregelungen denkbar. Sie grundsätzlich zu verbieten, sei ein tiefer Eingriff in Grundrecht der Glaubensfreiheit. Nur in extremen Ausnahmesituationen sei daher ein Verbot möglich.
  3. Das Verfassungsgericht kippte das von der Politik auferlegte Beherbergungsverbot reihenweise. Die Gerichte argumentierten, dass Hotelübernachtungen bei der Ausbreitung des Virus keine nennenswerte Bedeutung hätten. Damit wäre die Maßnahme nicht nachvollziehbar. Immerhin würde die größte Ansteckungsgefahr bei privaten Treffen oder Feiern bestehen.
  4. Mit dem Grundrecht zur Versammlung setzten sich die Gerichte ebenfalls intensiv auseinander. In diversen Beschlüssen betonte das Bundesverfassungsgericht den hohen Stellenwert des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit. Exakt das wäre ein bedeutendes Gut in einem Rechtsstaat im Zeichen der Demokratie. Somit wäre es nicht möglich, Versammlungen pauschal zu verbieten. Behörden könnten aber vereinzelt Auflagen machen, die die Maskenpflicht und ein Abstandsgebot sowie Teilnehmerbeschränkungen betreffen.

Ist die Hilfe der Gerichte im Rahmen des Menschenrechts 8 ausreichend?

An dieser Stelle sei betont, dass es hier nicht um eine Beurteilung der Wichtigkeit der Corona-Maßnahmen geht oder nicht.

Hier diskutieren wir ausschließlich, inwiefern sich der Anspruch auf Menschenrecht Nr. 8 am Beispiel von Corona tatsächlich umsetzen lässt.

Der Anspruch ist offensichtlich da. Ob dem Einzelnen gerichtlich zugestimmt wird, ist ein anderes Thema. Doch auch wenn ihm recht gegeben wird, heißt das nicht, dass er sich nicht mit weiteren Einschränkungen auseinandersetzen muss. Das liegt vor allem daran, dass sich bei Gesetzen, Auflagen und Bestimmungen immer wieder Schlupflöcher finden lassen.

Die Coronazeit verdeutlicht, wie sehr der Staat unsere Grundrechte einschränken kann – ob das richtig ist oder nicht, musst du für dich selbst bewerten.

Wenn Du Dich einsetzen möchtest, gegen die Einschränkungen unserer Menschenrechte etwas zu tun, oder Institutionen und Gruppen unterstützen willst, die effektiv dagegen vorgehen, Aufklärung betreiben und bereits Kinder und Jugendliche zu dem Thema sensibilisieren, dann melde dich bei uns: Mach mit!

Weitere Informationen und Quellen zum obigen Thema:

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Photo by Hansjörg Keller on Unsplash

Publiziert am
Mar 9, 2021
 in Kategorie:
Schutz

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