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ie Selbstbestimmung und damit die freie Persönlichkeitsentfaltung ist ein Menschenrecht. Direkt oder indirekt findet sie sich in allen Menschenrechten wieder, denn bei der Selbstbestimmung geht es darum, frei zu entscheiden, wie jeder selbst leben möchte.

Auch die deutsche Verfassung weist explizit auf dieses Recht hin: „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt (...)“ — Art. 2 Abs. 1 GG (Auszug).

Aber was verbirgt sich eigentlich hinter diesem großen Wort und leben wir tatsächlich selbstbestimmt?

Können und nicht müssen

Bei der Selbstbestimmung geht es darum, über sein Leben selbst zu bestimmen. Das klingt gut, aber erst ein differenzierter Blick darauf, schafft mehr Sensibilität für den eigentlichen Inhalt der Selbstbestimmung.

Hierzu ein simples Beispiel aus dem Alltag: Du liest abends zum Einschlafen gern ein Buch. Das ist deine Zeit, die du selbstbestimmt verbringst. Jetzt ließe sich anführen, dass du eigentlich noch lieber Musik über den Lautsprecher anhören würdest, es aber nicht tust, um deinen Partner nicht zu stören, der es gerne komplett still mag. Hat er dich jetzt in deiner Selbstbestimmung beschnitten? Nein. Hier geht es um Rücksichtnahme. Selbstbestimmung heißt nämlich nicht, zu 100 % egoistisch zu agieren, sondern die eigenen Freiheiten teilweise zu beschränken, um die Freiheit des anderen nicht zu verletzen. Und: Du könntest zum Einschlafen Musik hören, indem du Kopfhörer nutzt oder dich in ein anderes Zimmer legst. Niemand zwingt dich dazu, dich für das Buch zu entscheiden. Hier geht also das Können über das Müssen, was wir uns nur häufig nicht bewusst machen.

An dieser Stelle könntest du argumentieren, dass du zwar Musik mit dem Kopfhörer hören könntest, aber andere Dinge beispielsweise tun musst: Du musst arbeiten, um dein Leben zu finanzieren. Das stimmt aber streng genommen nicht.

Du MUSST nicht arbeiten. Du kannst arbeiten. Dies ist dein Recht, welches übrigens längst nicht alle Menschen dieser Welt gewährt wird.

Grenzen der Selbstbestimmung

Wir alle sind Teil einer großen Gemeinschaft. Zu 100 % autark kann (fast) niemand leben. In einer Gemeinschaft sind wir dazu angehalten, umschauend und respektvoll zu agieren. Manchmal müssen wir auch Dinge tun, die uns nicht gefallen. So gefallen dir vielleicht nicht die Zeiten der Müllabfuhr oder die Mahlzeiten in der Kantine. Komplett selbstbestimmt kannst du daher nicht leben, aber du kannst ein Höchstmaß an Selbstbestimmung erreichen.

Selbstbestimmung ist eng mit der Lebens- und Alltagsentscheidung verbunden. Hierfür hast du einen gewissen Spielraum, der allerdings durch äußere Bedingungen limitiert wird.

So hat nicht jeder die körperlichen Voraussetzungen, um Olympia-Langstrecken-Läufer zu werden. Ist das Diskriminierung? Nein. Es ist naturgegeben. Bei der Selbstbestimmung geht es also nicht darum, alles machen zu können, sondern sich im Rahmen der eigenen Möglichkeiten frei entfalten zu können.

In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass Selbstbestimmung nichts mit einem ausschließlich freudvollen Leben zu tun hat.

Du kannst selbstbestimmt eine Entscheidung treffen, die dir nicht gefällt, aber die sinnvoll ist oder für ein lobenswertes Motiv wie Altruismus steht. Etwas zu tun, was dir keine Freude bereitet, ist nicht gleichzeitig ein Fehlen an Selbstbestimmung. Das Gegenteil von Selbstbestimmung ist Fremdbestimmung.

Fremdbestimmung und Verletzung der Menschenrechte

Manchmal fühlen wir uns im Leben fremdbestimmt, aber sind es eigentlich nicht. Wer wegen seiner Kinder sonntags früh missmutig zum Spielplatz aufbricht, hat sich dafür selbst entschieden, indem er sich für Nachwuchs entschieden hat. Hier wären wir wieder beim Thema Rücksichtnahme.

Echte Fremdbestimmung ist etwas komplett anderes. Hierunter fällt beispielsweise die Sklavenarbeit. Ein Mensch wird mit Drohungen oder gar körperlicher Gewalt dazu gezwungen, etwas zu tun, was er nicht tun möchte. Artikel 4 der Menschenrechte geht darauf explizit ein.

Die Sklaverei ist sicherlich das plakativste Beispiel für eine Fremdbestimmung. Hiervon magst du dich nicht betroffen fühlen, obgleich es Fälle von Sklaverei hierzulande ebenfalls gibt.

Das Thema Selbstbestimmung und Fremdbestimmung in Zusammenhang mit den Menschenrechten taucht jedoch auch immer wieder auf, wenn es um alte oder behinderte Menschen sowie die aktive Sterbehilfe geht. Wie intensiv sich damit auseinandergesetzt wird, zeigt beispielhaft ein Auszug eines Artikels der Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V.:

„Die UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) enthält umfassende Forderungen zur Stärkung der Menschenrechte von Menschen mit langfristigen körperlichen, seelischen, geistigen oder Sinnesbeeinträchtigungen. Dazu gehören die Förderung der Partizipation von Betroffenen an medizinischen Entscheidungen, die Reduktion und bundesweite Dokumentation freiheitsbeschränkender Maßnahmen, aber auch angemessene Vorgaben zu der dafür notwendigen räumlichen und personellen Ausstattung in den Kliniken. Auf dieser Basis wurden in Deutschland die Hürden für die sogenannten ärztlichen Zwangsmaßnahmen in den Bundes- und Ländergesetzen deutlich angehoben.“

Die subtile Fremdbestimmung

Wähnst du dich immer noch in Sicherheit vor der gefährlichen Fremdbestimmung, weil du in Deutschland lebst und weder sehr alt noch krank oder behindert bist? Dann pass auf die subtile Fremdbestimmung auf. Sie gibt es in abgeschwächter Form in der Werbung. Hierbei geht es nur darum, mit dir ein wenig mehr Umsatz zu erreichen, weswegen es noch keine echte Fremdbestimmung ist. Es ist vielmehr eine zarte Manipulation. Leider geht es aber auch anders, wie uns die Datendiktatur zeigt. Soziologen und Philosophen sprechen in diesem Zusammenhang gar von einer Gesellschaftsautomatisierung, die dir auf subtile Weise die Selbstbestimmung durch Manipulation nimmt.

Um die Menschenrechte zu bewahren, ist es unerlässlich, die Selbstbestimmung zu bewahren. Dies gelingt uns aber nur, wenn wir uns der echten Fremdbestimmung bewusst sind.

Laut Umfrage sind 90 Prozent der Menschen nicht in der Lage, mehr als drei ihrer 30 Menschenrechte zu benennen. 👉 𝗦𝘁𝗮𝗿𝘁𝗲 𝗷𝗲𝘁𝘇𝘁 𝗱𝗮𝗺𝗶𝘁, 𝗗𝗲𝗶𝗻𝗲 𝗥𝗲𝗰𝗵𝘁𝗲 𝗮𝗹𝘀 𝗠𝗲𝗻𝘀𝗰𝗵 𝘇𝘂 𝗸𝗲𝗻𝗻𝗲𝗻 𝘂𝗻𝗱 𝘀𝗰𝗵𝗮𝘂 𝗗𝗶𝗿 𝗱𝗲𝗻 𝗩𝗶𝗱𝗲𝗼 𝗱𝗲𝗿 𝗚𝗲𝘀𝗰𝗵𝗶𝗰𝗵𝘁𝗲 𝗗𝗲𝗶𝗻𝗲𝗿 𝗠𝗲𝗻𝘀𝗰𝗵𝗲𝗻𝗿𝗲𝗰𝗵𝘁𝗲 𝗮𝗻 👉 [𝗩𝗜𝗗𝗘𝗢] Die Geschichte Deiner Menschenrechte

Weitere Quellen:

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Photo by Jonny Kennaugh on Unsplash

Publiziert am
Jul 21, 2022
 in Kategorie:
Rechte

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